Frage:

Auf Nachrichtenmedien und Social Media Plattformen hat sich eine Aussage verbreitet, die besagt, dass Muslime im Monat Ramadan viel trinken sollen. Die Flüssigkeitsaufnahme würde die Trockenheit im Hals vorbeugen und das Virus in den Magen befördern, sodass dieses ausgeschieden werden kann. Auch würde es zu einem Gleichgewicht im Körper führen und dadurch die Infektion durch das Coronavirus vorbeugen. Ist es also für einen fastenden Muslim möglich, während der Fastenzeit Wasser zu trinken, um sich vor der Infektion durch das Coronavirus zu schützen?

Antwort:

Der European Council ist nach Rücksprache mit Ärzten und Experten sowie Sichtung von seriösen wissenschaftlichen Studien zum Ergebnis gekommen, dass die Aussage, das Fasten, bei welchem über den gesamten Tag keine Flüssigkeit zugenommen wird das Infektionsrisiko durch das Coronavirus erhöhen würde, nicht korrekt ist. Sie beruht auf keinem wissenschaftlichen Beleg, vielmehr ist das Gegenteil der Fall: Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, dass das Fasten gesundheitliche Vorteile bringt. Zu diesen gehört die Stärkung des Immunsystems, was zur Überwindung von Epidemien führt. Das ist das, was der Mensch unter diesen gesundheitlichen Umständen braucht. 

Bei islamrechtlichen Erleichterungen für Kranke, welchen aufgrund ärztlicher Diagnose vom Fasten abgeraten wird, da dieses die Krankheit entweder verstärkt oder die Heilung verzögert, handelt es sich um bekannte und festgesetzte Dispense. Die Rechtsgelehrten explizierten, dass zu den Bedingungen des Fastens Gesundheit und Unversehrtheit gehören. Ibn Qudāma sagte: „Die Gelehrten sind darüber im Konsensus, das Fastenbrechen für Kranke grundsätzlich zuzulassen. Der Beleg dafür ist das Wort Allahs: „Wer von euch jedoch krank ist oder sich auf einer Reise befindet, der soll eine (gleiche) Anzahl von anderen Tagen (fasten).“ (Sure al-Baqara/die Kuh, 2:184)“. (al-Muġnī, Bd. 3, 16.) Wer eine chronische Krankheit haben sollte, die ihn am Fasten hindert, hat neben dem Fastenbrechen jeden Tag einen Bedürftigen zu speisen. Wenn die Krankheit nur eine vorübergehende sein sollte, Aussicht auf Heilung besteht und der Arzt eine Unfähigkeit zum Fasten bescheinigt, sind die Tage, in denen krankheitsbedingt nicht gefastet wurde, nachzuholen.

Die Annahme der islamrechtlichen Dispense unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Bedingungen gehört zu den Dingen, zu denen die Religion des Islam einlädt. Hierdurch wird das Prinzip der Erleichterung und Befreiung von Mühsal verwirklicht.

Allah sagt: „Allah erlegt keiner Seele mehr auf, als sie zu leisten vermag.“ (Sure al-Baqara/die Kuh, 2:286). Auch sagt Allah nach Aufzeigen der Erleichterung im Fasten für Kranke und Reisende: „Allah will für euch Erleichterung; Er will für euch nicht Erschwernis“ (Sure al-Baqara/die Kuh, 2:185). 

An dieser Stelle wird auf zwei Aspekte hingewiesen:

Erstens: Wenn der Kranke durch Corona infiziert ist, hat er das Fasten zu brechen und die verschriebenen Medikamente einzunehmen, da ihn der islamrechtliche Dispens betrifft. Abhängig vom jeweiligen Fall fastet die erkrankte Person entweder die Tage nach oder zahlt die Fidya. Sobald sie genest, wird das Fasten zur Pflicht. 

Zweitens: Den Fastenden obliegt im Anbetracht des sich ausbreitenden Coronavirus die medizinischen Verordnungen einzuhalten, wie Abstand zueinander zu wahren. Ferner sind einige Traditionen im Monat Ramadan auszusetzen, wie gemeinsames Fastenbrechen oder das Veranstalten von Iftar-Veranstaltungen, bis die zuständigen Behörden das Verbot für solche Aktivitäten aufheben. Auch soll ein Fastender auf gesunde und ausgewogene Ernährung im Fastenmonat achten. Das stärkt schließlich, so Allah will, das gesundheitliche Wohlbefinden und das  Immunsystem, was einen Effekt des Fastens bildet.

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