Frage:
Wie wird es beurteilt, die Menschen jede Woche zum Verrichten des Totengebets in Abwesenheit (ṣalāt al-ġāʾib) für sämtliche Tote der Muslime aufzurufen, da es aufgrund des Coronavirus nur wenige Personen gibt, die das Totengebet für Tote verrichten?
Antwort:
Der Grundsatz beim Totengebet ist, dieses für einen anwesenden Toten zu verrichten, welcher vor dem Imam und den übrigen Betenden gelegt wird. Das ist durch die verbale, praktische sowie billigende Sunna gesichert. Das Gebet in Abwesenheit ist aufgrund des Hadith des Negus zulässig. Auch ist das Gebet für jemanden, für den das Totengebet bereits verrichtet wurde, zulässig, solange daraus keine Regel wird. Der Umma ist es schließlich fremd, für jeden abwesenden Toten ein Gebet zu verrichten. Der European Council verweist auf seine frühere Fatwa 21 (2/1).
In Anbetracht der geringen Zahl der Betenden für die Corona-Toten bzw. das vollständige Ausbleiben des Gebets ist es den Muslimen erlaubt, das Totengebet in Abwesenheit mit der Absicht zu verrichten, dieses denjenigen muslimischen Toten zu widmen, für die niemand betete. Bedingung hierfür ist, dass dieses nicht zu einem festgelegten Turnus stattfindet, wie jeden Freitag in der Moschee. Eine solche Festlegung ist unzulässig und beruht auf keinem Beleg. Ibn Taymiya sagte: „Es darf nicht jeden Tag für Tote in Abwesenheit gebetet werden. Solch eine Handlung wurde schließlich nicht tradiert. Was einige Menschen machen, nämlich jede Nacht für alle an diesem Tag verstorbenen Muslime zu beten ist zweifelsohne eine bidʿa [unzulässige Neuerung].“ (Ibn Taymiya: al-Fatāwā al-Kubrā, Bd. 5, S. 360).