Frage:
Friede sei mit Ihnen. Nach sehr viel Mühe habe ich nun eine Arbeit gefunden. Bei der Formulierung des Arbeitsvertrags erklärte ich dem Unternehmen die Angelegenheit mit dem Freitagsgebet und seine Bedeutung für einen Muslim. Ich bat sie um eine Stunde wöchentlich für das Gebet in der Moschee. Im Gegenzug würde ich diese Stunde entweder nacharbeiten, sie von meinem Monatsgehalt abziehen lassen, oder einen anderen vom Unternehmen als angemessen erachteten Weg nehmen, durch welchen mir diese Stunde erhalten bleibt. Ich war über ihre Antwort jedoch erstaunt, als sie die Bitte mit der Begründung ablehnten, dass sie im Unternehmen vier muslimische Kollegen hätten und mir keine Ausnahme machen könnten. Dies seien die Unternehmensregeln. Ich habe darüber nachzudenken bei ihnen als Trainee einzusteigen, ohne dass mir das Freitagsgebet genehmigt wird. Was ist also das islamrechtliche Urteil für diesen Fall? Ich bitte um klare Antwort unter Nennung des islamrechtlichen Belegs. Vielen Dank.
Antwort:
Dank an den Fragesteller für sein Bestreben im Verrichten des Freitagsgebets.
Bekanntermaßen bildet es eine Pflicht für jeden sesshaften männlichen Muslim, der zu dessen Verrichtung befähigt ist. Allah sagte: „O die ihr glaubt, wenn zum Gebet gerufen wird am Freitag, dann eilt zu Allahs Gedenken und laßt das Kaufgeschäft. Das ist besser für euch, wenn ihr wißt. (9) Wenn das Gebet beendet ist, dann breitet euch im Land aus und trachtet nach etwas von Allahs Huld. Und gedenkt Allahs viel, auf daß es euch wohl ergehen möge! (10)“ (Sure al-Ǧumuʿa 62:9-10).
Das Freitagsgebet hat spirituelle, kulturelle sowie soziale Dimensionen und Zwecke. Diese Zwecke sind in der Lebensrealität eines europäischen Muslims im Hinblick auf seine Charakteristika und Umstände unabdingbar.
Einem Muslim obliegt es sich darin zu bemühen, eine Vereinbarung mit dem Vorgesetzten zu finden, welche ihm das Verrichten des Freitagsgebets ermöglicht. Das kann realisiert werden, in dem die Gebetszeit durch eine alternative Zeit ausgeglichen oder auf den Stundenlohn verzichtet wird. Wenn diese Alternativen nicht umsetzbar sein sollten, ist es dem Arbeitnehmer auch möglich, hin und wieder freitags eine Befreiung von der Arbeitsstelle zu beantragen, und sei es für einmal im Monat. Das ist in den Arbeitsregelungen üblich. Hierdurch wird ihm ermöglicht, das Freitagsgebet zu verrichten und nicht für viele Wochen diesem fernzubleiben. Es geziemt sich einem europäischen Muslim, die Möglichkeit das Freitagsgebet regelmäßig verrichten zu können als Auswahlkriterium einer Arbeitsstelle zu machen.
Wenn er jedoch nach alledem immer noch nicht dazu befähigt wird, das Freitagsgebet zu verrichten, so handelt es sich hierbei um eine Not. Schließlich ist es einem Muslim geboten, die Gebote seiner Religion im Rahmen seiner Möglichkeiten aufrechtzuerhalten. Der Prophet – Allahs Segen und Frieden seien auf ihm – sagte: „Wer das Freitagsgebet drei Mal aus Nachlässigkeit auslässt, dessen Herz versiegelt Allah.“
Imam Ibn ʿAbd al-Barr sagt: „Zu seiner Aussage im Hadith: „ohne Grund“ können die Gründe weit ausgeführt werden. Zusammengefasst ist zu sagen, dass hierunter jeder Grund fällt, welcher ihn am Freitag verhindert und er dadurch Schaden nimmt, Unrecht befürchtet oder eine Pflicht annulliert, zu welcher er keine Alternative hat.“
Wenn der Arbeitnehmer jedoch eine andere passende Arbeitsstelle finden sollte, bei welcher er das Freitagsgebet verrichten könnte, so hat er zu jener Arbeitsstelle überzugehen.
Wir weisen die islamischen Zentren in Europa darauf hin, die Zeiten des Freitagsgebets so zu gestalten und nach Bedarf anzupassen, sodass die Umstände der Studierenden und Angestellten in den unterschiedlichen europäischen Städten berücksichtigt werden.