Frage:
Wenn es vorkommen sollte, dass die Regierung in einem Land beschließt, Corona-Tote nur noch einzuäschern; wird dann das Gebet für ihre Asche verrichtet, oder wird ein Totengebet in Abwesenheit durchgeführt? Was sollen Muslime in Bezug auf solch einen Beschluss unternehmen?
Antwort:
Zuerst ist festzuhalten, dass der Islam den Menschen würdigte und eine herausragende Stellung gewährte. Allah sagt: „Und Wir haben ja die Kinder Ādams geehrt“ (Sure al-Isrāʾ/die Nachtreise, 17:70). Er gebot, den Toten zu beerdigen. Der edle Koran berichtete uns in der Geschichte der beiden Söhne Adams zu Beginn der Menschheitsgeschichte die Einführung der Beerdigung von Toten. Allah sagt: „Da schickte Allah einen Raben, der in der Erde scharrte, um ihm zu zeigen, wie er die böse Tat an seinem Bruder verbergen könne.“ (Sure al-Māʿida/der Tisch, 5:31). Darüber hinaus gibt es islamrechtliche Texte, welche einen angemessenen Umgang mit der Leiche auftragen, die sich in der verpflichtenden Waschung, Kleidung, dem Totengebet und der Beerdigung zeigen. In all diesen Schritten ist ein schonungsvoller Umgang einzuhalten. Der Prophet Muhammad, Allahs Segen und Frieden seien auf ihm, sagte: „Den Knochen eines Toten zu brechen ist dasselbe wie ihn lebend zu brechen.“ (Überliefert von Abū Dāwūd und Aḥmad mit ṣaḥīḥ Überlieferungskette.)
Was wir von den Staaten Europas kennen ist, die religiösen Besonderheiten eines jeden Toten zu berücksichtigen. Solange also zu den Besonderheiten eines muslimischen Toten die Beerdigung gehört, haben die Muslime in jedem Land von den zuständigen Stellen einzufordern, für Muslime speziell vorgesehene Grabfelder zur Verfügung zu stellen. Das wird deshalb umso wichtiger, da es aktuell nicht möglich ist muslimische Leichname in ihre Herkunftsländer zu überführen. Sie haben keine andere Möglichkeit als ihre Toten in ihrem jeweiligen Sterbeland zu beerdigen, die Einhaltung ihrer religiösen Riten vorausgesetzt.
Wenn es vorkommen sollte, dass die zuständigen Behörden in einem bestimmten Land für alle Menschen verbindlich beschließen, ihre Toten einschließlich der muslimischen einzuäschern, so ist es Pflicht, das Totengebet für den muslimischen Leichnam vor der Einäscherung zu verrichten. Auch kann dieses nach der Einäscherung stattfinden. Wenn auch das nicht möglich sein sollte, wird das Totengebet in Abwesenheit verrichtet. Beim Totengebet handelt es sich schließlich um ein Bittgebet um Barmherzigkeit und Vergebung. Jeder Muslim ist dessen bedürftig.
Der European Council empfiehlt jedem Muslim, ein rechtsgültiges, notarielles Testament zu verfassen, in welchem er seinen Wunsch ausdrückt, mit seinem Leichnam entsprechend der islamischen Bestattungsvorschriften umzugehen. Dadurch werden unerwünschte Handlungen vermieden.