Zweifelsfrei ist diese Angelegenheit wichtig und brisant, speziell für die im Westen lebenden Muslime. Den Council erreichten viele Fragen von Geschwistern, die in diesen Ländern mit nicht-muslimischen Bürgern zusammenleben. Zwischen vielen von ihnen existieren Verbindungen, die das Zusammenleben mit sich bringt, wie Nachbarn, Arbeitskollegen, Kommilitonen und Mitschüler.

Häufig kommt es in bestimmten Situationen vor, dass ein Muslim die Güte und Freundlichkeit eines Nicht-Muslims ihm gegenüber spürt. Dies ist, wenn beispielsweise ein Mentor einen muslimischen Studenten mit Aufrichtigkeit unterstützt, ein Arzt einen muslimischen Kranken aufrichtig therapiert, usw.

Was also ist der Standpunkt des Muslims von diesen Menschen (den Nicht-Muslimen), die sie friedlich behandeln, die Muslime nicht anfeinden, sie nicht ihrer Religion wegen bekämpfen, sie nicht aus ihren Häusern vertreiben oder zu ihrer Vertreibung verhelfen?

Der edle Koran legte die Verfassung der Beziehung zwischen den Muslimen und Anderen in zwei Versen des Buch Allahs, erhaben ist Er, fest, nämlich in Sure al-Mumtaḥina. Diese ist gar bezüglich der götzendienenden Polytheisten herabgesandt worden. So sagte Allah: „Allah verbietet euch nicht, gegenüber denjenigen, die nicht gegen euch der Religion wegen gekämpft und euch nicht aus euren Wohnstätten vertrieben haben, sie gütig (dh. mit birr) und gerecht zu behandeln. Gewiss, Allah liebt die Gerechten. (8) Er verbietet euch nur, diejenigen, die gegen euch der Religion wegen gekämpft und euch aus euren Wohnstätten vertrieben und zu eurer Vertreibung Beistand geleistet haben, zu Schutzherren zu nehmen. Diejenigen, die sie zu Schutzherren nehmen, das sind die Ungerechten. (9)“ (al-Mumtaḥina 60:8-9).

Die beiden Verse unterscheiden somit zwischen den gegenüber Muslimen friedlich und den kriegerisch auftretenden Personen:

Für die Ersten also (die Friedfertigen) schreibt der edle Vers al-Birr und die Gerechtigkeit ihnen gegenüber vor. al-Qiṣṭ (wie im Vers wörtlich erwähnt): bedeutet Gerechtigkeit. Und al-Birr (ebenfalls Wortlaut des Verses): ist Güte und iḥsān. Iḥsān bedeutet, eine Sache auf die beste Weise zu machen. al-Birr ist demnach höher und mehr als Gerechtigkeit. Denn die Gerechtigkeit bedeutet: dass Sie sich Ihr Recht nehmen. Doch al-Birr bedeutet: dass Sie auf einige Ihrer Rechte verzichten. Die Gerechtigkeit oder al-Qiṣṭ bedeuten: dass Sie einer Person ihr (volles) Recht geben, ohne dass diesem an etwas mangelt. Doch al-Birr ist: dass Sie dieser mehr als ihr Recht geben, aus Güte und iḥsān.

Die Anderen jedoch, in der der nachfolgende Vers es verbot, sie als Schutzherren zu nehmen, sind diejenigen, die die Muslime anfeinden, bekämpfen und sie aus ihrer Heimat ohne jegliches Recht vertreiben, nur weil sie sagen: „Unser Herr ist Allah.“ Dies ist, wie es die Quraiš und die Polytheisten der Mekkaner mit dem Gesandten Allahs – Allahs Segen und Frieden seien auf ihm – und seinen Gefährten taten.

Der Koran wählte im Umgang mit den Friedfertigen (der Nicht-Muslime) das Wort „al-Birr“ als Er sagte: „an tabarrūhum [Wortlaut des Verses in Umschrift, d.h. sie mit birr behandeln].

Dieses Wort ist das, welches im bedeutendsten erwähnten Recht, das ein Mensch nach dem Recht Allahs ihm gegenüber zu erfüllen hat, nämlich: „der Birr (die Güte) gegenüber den Eltern“.

Die beiden größten Hadith-Tradenten berichteten von Asmāʾ bint Abī Bakr – möge Allah mit ihr zufrieden sein – dass sie zum Propheten, Allahs Segen und Frieden seien auf ihm, kam und sagte: „Oh Gesandter Allahs, meine Mutter kam zu mir und ist eine Polytheistin. Sie wünscht sich (d.h. mit ihr die Bindung zu pflegen und sie zu beschenken). Soll ich also zu ihr die Bindung pflegen?“ Er sagte: „Pflege zu deiner Mutter die Bindung.“[1]

Das obwohl sie eine Polytheistin ist. Es ist bekannt, dass der Standpunkt des Islam der Schriftbesitzer [d.h. Juden und Christen] gegenüber milder ist als gegenüber den götzendienenden Polytheisten.

Der Koran hat es gar erlaubt, mit ihnen zu speisen und sich mit ihnen zu verschwägern. Das bedeutet dass es erlaubt ist, von ihren Schlachttieren zu essen und von ihren Frauen zu heiraten, wie es Allah der Erhabene in Sure al-Māʾida sagte: „Und die Speise derjenigen, denen die Schrift gegeben wurde, ist euch erlaubt, und eure Speise ist ihnen erlaubt. Und die Ehrbaren von den gläubigen Frauen und die ehrbaren Frauen von denjenigen, denen vor euch die Schrift gegeben wurde“ (al-Māʾida 5:5).

Zu den damit untrennbar gehörenden Dingen zählt: die Existenz der Zuneigung zwischen den beiden Ehepartnern, wie es Allah der Erhabene sagte: „Und es gehört zu Seinen Zeichen, dass Er euch aus euch selbst Gattinnen erschaffen hat, damit ihr bei ihnen Ruhe findet; und Er hat Zuneigung und Barmherzigkeit zwischen euch gesetzt.“ (ar-Rūm 30:21).

Wie könnte ein Mann auch keine Zuneigung zu seiner Ehegattin, Hausherrin, Lebenspartnerin und Mutter seiner Kinder empfinden? Er, erhaben ist Er, sagte in der Verdeutlichung der Beziehung der Ehegatten miteinander: „sie sind euch ein Kleid, und ihr seid ihnen ein Kleid.“ (al-Baqara 2:187).

Zu den zur Eheschließung untrennbar gehörenden Dingen, sowie zu den Folgen dieser zählt: Die Schwägerschaft zwischen den Familien, welche eine der beiden zentralen und natürlichen (Familien-)Banden unter den Geschöpfen ist, sowie der Koran hierauf hinwies: „Und Er ist es, Der aus Wasser menschliche Wesen erschafft und sie dann zu (Bluts-) Verwandtschaft und Schwägerschaft bestimmt“ (al-Furqān 25:54).

Dies bringt ebenso die Existenz der Mutterschaft mitsamt der für sie im Islam bestätigten Rechte gegenüber ihres Kindes mit sich. Gehört es also zum birr und des sittlichen Umgangs, dass ein solches Ereignis wie dieses große Fest stattfindet, und ihr Kind ihr dazu nicht gratuliert? Und was ist der Standpunkt dieses Kindes gegenüber seiner Verwandten mütterlicherseits, wie dem Großvater und der Großmutter, des Onkels und der Tante, der Cousins und der Cousinen, obwohl diesen die Rechte der (Bluts-)Verwandten zustehen: „Und die Blutsverwandten stehen einander am nächsten; (dies steht) im Buch Allahs.“ (al-Anfāl 8:75) „Allah gebietet Gerechtigkeit, gütig zu sein und den Verwandten zu geben.“ (an-Naḥl 16:91).

Wenn also das Recht der Mutterschaft und der Verwandtschaft es für den Muslim und die Muslima verpflichtend machen, dass sie die Bande zur Mutter und den Verwandten auf die Weise pflegen, durch die der gute Charakter des Muslims, seine Aufgeschlossenheit und Treue gegenüber seiner Verwandtschaft deutlich wird; dann ist es ebenfalls so, dass die anderen Rechte es dem Muslim zur Pflicht machen, als Mensch guten Charakters in Erscheinung zu treten. Schließlich gebot der ehrenwerte Gesandte, Allahs Segen und Frieden seien auf ihm, dem Abū Ḏarr, möge Allah mit ihm zufrieden sein, Folgendes: „Fürchte Allah wo immer du bist, und lass auf die schlechte Tat die gute Tat folgen, so löscht sie sie, und begegne den Menschen mit gutem Charakter.“[2] So sagte er es: „begegne den Menschen“ nicht: „begegne den Muslimen“.

Ebenso motivierte der Prophet, Allahs Segen und Frieden seien auf ihm, dazu, mit Nicht-Muslimen mit „Milde“ umzugehen, und warnte vor „Härte“ und Schroffheit.

Als einmal eine Gruppe von Juden beim Propheten, Allahs Segen und Frieden seien auf ihm, eintrat, verdrehten sie ihre Zungen beim Gruß und sagten: „as-Sāmu ʿalayka ya Muammad“ („Der Tod sei mit dir, oh Muhammad“). Die Bedeutung von as-Sām (anstelle von as-Salām, der Friede) ist: das Sterben und der Tod. Hierbei hörte ʿĀʾiša sie, woraufhin sie sagte: „Auf euch sei der Tod und der Fluch, oh Feinde Allahs!“. Hierauf tadelte sie deswegen der Prophet, Allahs Segen und Frieden seien auf ihm, woraufhin sie sagte: „Hast du denn nicht gehört was sie sagten, oh Gesandter Allahs?“ Er sagte: „Ich hörte es, und ich sagte: Und mit euch. (D.h.: der Tod ereilt euch, so wie er mich ereilt.) Oh ʿĀʾiša, Allah liebt die Milde in jeder Angelegenheit.“[3]

Die Legitimation der Beglückwünschung der Leute zu solch einem Anlass verfestigt sich (vor allem) dann, wenn diese – wie es der Fragesteller erwähnte – selbst die Initiative zur Beglückwünschung der Muslime anlässlich ihrer islamischen Feste ergreifen. Schließlich wurde uns aufgetragen, die gute Tat mit einer guten Tat zu belohnen, einen Gruß mit einem besseren oder zumindest gleichwertigen zu erwidern, sowie Allah, erhaben ist Er, es sagte: “Und wenn euch ein Gruß entboten wird, dann grüßt mit einem schöneren (zurück) oder erwidert ihn.” (an-Nisāʾ 4:86).

Es gebührt dem Muslim nicht, geringeren Edelmutes und guten Charakters zu sein als andere. Denn grundsätzlich hat der Muslim von reichhaltigerem Glück und vollkommenerem Charakter zu sein, wie es im Hadith erwähnt ist: “Die vollkommeneren Gläubigen im Glauben sind diejenigen von besserem Charakter.”[4]

Und so wie der Prophet ebenfalls sagte, Allahs Segen und Frieden seien auf ihm: “Wahrlich, ich bin entsandt worden, um die edelsten der (guten) Charaktereigenschaften zu vervollkommnen.”[5]

Das alles bestätigt sich umso mehr, wenn wir sie zum Islam aufrufen, sie ihm näherbringen und ihnen die Muslime liebenswert machen möchten. Schließlich ist dies eine Pflicht für uns, welche auch nicht durch Kontakt-Dürre unter uns geschieht, sondern durch gute Kommunikation.

Schließlich war der Prophet, Allahs Segen und Frieden seien auf ihm, ja von gutem Charakter, edel im Zusammenleben, mit den Polytheisten der Quraiš, und zwar über die gesamte mekkanische Periode, trotz dass sie ihm Leid zufügten und sich wie Hunde auf ihn und seine Gefährten stürzten. Dies ging so weit, bis sie gar aus Vertrauen in ihn es pflegten – möge der Segen und der Frieden auf ihm sein – ihre Einlagen, bei denen sie ihr Verlorengehen befürchteten, bei ihm ließen. Selbst als er, Allahs Segen und Frieden seien auf ihm, nach Medina auswanderte, hinterließ er ʿAlī, möge Allah mit ihm zufrieden sein, und befahl ihm, die Einlagen wieder ihren Eigentümern zurück zu geben.

Es gibt also keinen Hinderungsgrund darin, dass sie ein Muslim als Individuum oder ein Islamisches Zentrum zu diesem Anlass beglückwünscht, sei es auf mündliche Weise oder durch Karten, welche keine Symbole oder religiösen Ausdrücke beinhalten, die den islamischen Prinzipien widersprechen, wie dem Kreuz; denn der Islam lehnt die Idee des Kreuzes an sich ab: “Sie haben ihn weder getötet noch gekreuzigt, sondern es erschien ihnen so.” (an-Nisāʾ 4:157).

Die häufig gebrauchten Worte zur Beglückwünschung zu solchen Anlässen beinhalten keinerlei Bestätigung in ihrer Religion oder Zufriedenheit damit, vielmehr sind es Worte der Höflichkeit, die unter den Menschen Brauch geworden sind.

Ebenso gibt es keinerlei Hinderungsgrund darin, Geschenke von ihnen anzunehmen, sowie sie dafür zu belohnen. Schließlich nahm der Prophet, Allahs Segen und Frieden seien auf ihm, Geschenke von Nicht-Muslimen an, wie dem Muqauqis, dem Oberhaupt der Kopten Ägyptens, sowie von anderen.[6] Allerdings mit der Voraussetzung, dass diese Geschenke keine sind, die für den Muslim verboten sind, wie Alkohol oder Schweinefleisch.

An dieser Stelle vergessen wir nicht, dass einige Rechtsgelehrte wie Šayḫ al-Islām Ibn Taymiya und sein Schüler al-ʿAllāma Ibn al-Qayyim in der Angelegenheit der Feste der Polytheisten, der Leute des Buches und ihrer Feste streng gewesen sind. Wir sind derselben Meinung wie sie, was die Abwehr des Mitfeierns von Muslimen der religiösen Feste der Polytheisten und Leute des Buches angeht, ebenso wie wir es (leider) beobachten, dass einige unachtsame Muslime Weihnachten feiern, wie sie dies mit ʿĪdu l-Fiṭr und ʿĪdu l-Aḍḥā (Fastenbrechenfest und Opferfest) machen, oder vielleicht gar mehr.

Das gehört zum Unzulässigen; schließlich haben wir unsere Feste und sie ihre. Doch wir sehen es als unbedenklich an, Leuten zu ihren Festen zu gratulieren, für diejenigen, die eine Beziehung von verwandtschaftlicher, nachbarschaftlicher, kollegialer oder anderer gesellschaftlicher Art haben, welche gute Verbindung und mildes Zusammenleben, das der gesunde Brauch [ohnehin] billigt, vorsieht.

Bei nationalen und gesellschaftlichen Festen hingegen, wie den Unabhängigkeitstag, den Tag der Einheit, den Kindertag, Muttertag usw. hingegen gibt es keinerlei Bedrängnis für den Muslim, dass er zu diesen nicht nur beglückwünscht, sondern selbst teilhat, aufbauend darauf, dass er ein Bürger oder Ansässiger in diesen Ländern ist. Allerdings hat er (bzw. sie) die verbotenen Dinge zu vermeiden, die bei solchen Anlässen geschehen.

(Die 6. Konferenz fand vom 28. August – 1. September 2000 statt.)

[1]  Muttafaqun ʿalayh: Übereinstimmend überliefert durch al-Buḫārī (Nr. 2477, 3012, 5633 und 5634) sowie Muslim (Nr. 1003).
[2]  Überliefert durch Aḥmad (5/153, 158, 177), at-Tirmiḏī (Nr. 1987), ad-Dārimī (Nr. 2688) und al-Ḥākim (Nr. 178) vom Hadith des Abī Ḏarr. at-Tirmiḏī sagte: „ḥadīṯ ḥasan ṣaḥīḥ“, ebenso urteilte al-Ḥākim über ihn, dass er ṣaḥīḥ ist.
[3]  Muttafaqun ʿalayh: Übereinstimmend überliefert von al-Buẖārī (Nr. 2777 und an anderen Stellen) sowie Muslim (Nr. 2165), vom Hadith der ʿĀʾiša.
[4]  Überliefert durch Aḥmad (Nr. 7402, 10106, 10817), Abū Dāwūd (Nr. 4682),  at-Tirmiḏī (Nr. 1162), ad-Dārimī (Nr. 2689) vom Hadith des Abū Huraira. at-Tirmiḏī sagte: „Ḥadīṯ ḥasan ṣaḥīḥ“.
[5]  Überliefert durch Aḥmad (Nr.8952), al-Buẖārī im „al-Adab al-mufrad“ (Nr. 273) und al-Bazzār (Nr. 2470 – Kašfu l-Astār), und der Ausdruck ist der, den er verwendete. Die Überlieferungskette ist ṣaḥīḥ. Ebenso urteilte Ibn ʿAbdi l-Barr über ihn im „Tamhīd“ (24/333), dass er ṣaḥīḥ ist.
[6]  Die Berichte darüber sind ausgiebig, welche dadurch in ihrer Bedeutung richtig und eindeutig sind. aṭ-Ṭaḥāwī führte sie im „Šarḥ Muškil al-Āṯār“ an zwei Stellen in guter Weise an (6/399 und 11/128).